Über Framing, Fakten und Metaphern
Wörter aktivieren in uns ebenso wie Gerüche, Bewegungen oder Bilder, während unseres Lebens durch Erfahrung erlernte Konzepte und Denkmuster. Fakten stehen nie für sich allein sondern sind in sogenannten Frames verpackt, die in Werbung, Politik, Schule oder anderen Bereichen des Lebens anzutreffen sind. Frames sind bestimmte Wörter oder Wortkombinationen, die einem Sachverhalt ein Interpretationsmuster nahelegen. Die Aktivierung dieser Frames verursacht bei Menschen eine kognitive (gedankliche) Simulation der Konzepte, wobei nicht nur einzelne (genannte) sondern auch andere, verknüpfte Konzepte mitsimuliert werden. Der Prozess des Framing läuft meist unbewusst ab und beeinflusst in hohem Maße unsere Wahrnehmung und unser Handeln. Er greift dabei in starkem Maße auf die Nutzung von Metaphern zurück. Abstrakte Ideen werden mit realen (physischen) Erfahrungen verknüpft, um sie erfahrbar und begreifbar zu machen und sie mental simulieren zu können (Metaphoric Mapping). Bei den angesprochenen Metaphern handelt es sich um Konzeptuelle Metaphern, die eine Quell- und eine Zieldomäne besitzen und als verschachtelte Metaphern auftreten können.
Ausgewählte Metaphern
Quelldomäne | Zieldomäne | Metapher | Beispiel |
---|---|---|---|
Person | Nation | Nation als Person | Staaten sprechen miteinander |
Kompass | Markt | Markt als Kompass | Wir müssen den Markt beobachten, um den richtigen Weg für unser Unternehmen zu erkennen |
oben | mehr | mehr ist oben | Die Firma hat dieses Jahr einen höheren Umsatz erzielt |
Wertobjekt | Freiheit | Freiheit als Wertobjekt | Wir müssen unsere Freiheit verteidigen |
hinten | Vergangenheit | Vergangenheit ist hinten | Er blickte 20 Jahre zurück |
Sprache kann mit diesen Methoden sowohl die Veränderung sozialer Strukturen und Verhältnisse als auch die (temporäre) Stabilisierung dieser bewirken. Sprache muss hierbei als Reproduktion der sozialen Verhältnisse gedacht werden. Bei der Reproduktion von Sprache kommt es zu Verschiebungen, wodurch Veränderungen entstehen und sich verfestigen können. Die Existenz widerstreitender Ideologien und Diskurse in den Institutionen der Macht, macht diesen Prozess dynamisch.
Kommunikation von Frames
Jedes Wort ruft Frames in unserem Kopf auf. Frames sind selektiv, sie betonen Aspekte und blenden Aspekte aus. Unsere Entscheidungen basieren nicht auf Fakten sondern auf die Frames in denen diese eingebettet sind, selbst wenn dies nicht so wahrgenommen wird. Fakten werden abhängig vom jeweiligen Frame anders interpretiert. Ob man es will oder nicht: man bedient sich stets des Framing.
Dabei spielt es keine Rolle wie informiert oder gebildet eine Person ist, da bei diesen Personengruppen sich die Frames am stärksten verfestigt haben. Passt ein Argument oder eine Information in die erlernten Frames, wird dies aufgrund der kognitiven Leichtigkeit schnell aufgenommen. Zum Erlernten im Widerspruch stehende Argumente oder Gedanken, die nicht ins Frame passen, werden hingegen abgelehnt.
Es ist im Übrigen davon abzuraten gegnerische Frames zu verneinen, da dies selbige aktiviert. Wenn jemand einer Idee widerspricht, ist er gezwungen diese zu erwähnen. Diese im Frame verpackte Idee, wird dann von den Menschen mitgedacht, und die ihr zugrunde liegende Interpretation der Welt wird wiederholt und in den Köpfen der Menschen verfestigt (dieser Effekt wird Hebbian Learning genannt). Man kann auch nicht auf Frames verzichten da sonst ein Vakuum (Hypokognition) entstehen würde, das andere Frames auffüllen würden. Daher sollten nur die Frames, welche der eigenen Weltsicht entsprechen, kommuniziert werden mit dem Bewusstsein über den beschriebenen Mechanismus und dessen möglichen Folgen.
Form und Inhalt
Es sorgte doch für etwas Aufregung als öffentlich bekannt wurde, dass Elisabeth Wehling ein „Framing Manual“ für die deutsche Rundfunkanstalt ARD erstellt hatte. In dem Dokument gab sie den Verantwortlichen des Rundfunksenders Ratschläge, wie sie ihre Botschaften an die Bürger besser „verpacken“ könnten. Die kritische Öffentlichkeit witterte Manipulation. Ist Framing wirklich so mächtig?
Fakten sind stets in sogenannten Frames eingebettet, damit sie für uns Menschen verständlich gemacht werden. Gerade abstrakte Ideen müssen über eine Metapher mit Dingen oder Handlungen des realen, physischen Lebens verknüpft werden, um sie für Menschen erfahrbar zu machen. Framing bietet einen Rahmen. Es ist die Form bezüglich eines Inhalts. Die Form mit der ich Informationen präsentiere bietet dem Empfänger zusätzliche Informationen zum Inhalt. Was der Empfänger daraus macht liegt einzig und allein bei ihm. Der Inhalt obliegt der Logik, die Form der Intuition. Die Interpretation des Empfängers ist nicht irrational. Er liest zwischen den Zeilen und fragt sich welche Zusatzinformationen jemand versucht ihm zu übermitteln.
Niemand wird abstreiten, dass die ARD die Absicht verfolgt Menschen von ihrer Arbeit zu „überzeugen“. Sie perlt aber mit ihrem Framing am Widerstand intoleranter Minderheiten ab. Psychologen können sich anstrengen wie sie wollen, um „unvernünftige“ Bürger auf den rechten Pfad zu bringen; ihre Theorien lassen immer Spielraum für Widerständler offen. Framing ist eine schwer zu beherrschende Kunst, die nur in Ausnahmefällen die gewünschte Wirkung zeigt.
Literatur:
Wehling, Elisabeth: Politisches Framing. Wie eine Nation sich ihr Denken einredet–und daraus Politik macht. Köln: Herbert von Halem Verlag, 2016.
Framing-Gutachten (über netzpolitik.org)