Der Lindy-Effekt

von Ioannis Alexiadis

Der Begriff „Lindy“ geht auf Albert Goldman zurück und wurde von Benoit Mandelbrot und Nassim Taleb weiterentwickelt um ein Phänomen bei immateriellen Gegenständen zu beschreiben.

Zeit als Filter

Mit „Lindy“ bezeichnet man zeitlose Dinge, die keinem natürlichen Verfall unterliegen. Dazu zählen neben Büchern, Ideen, Religionen oder Lebensmittelsorten. Es geht hier nicht um die physische Materie, sondern um deren geistige oder funktionelle Repräsentation. Also ist mit einem „Lindy-Buch“ nicht das bedruckte Papier, sondern das enthaltene Wort gemeint. Nahrung ist lindy, wenn sie schon lange verzehrt wird, wie Olivenöl, im Gegensatz zu modernen Erfindungen der Lebensmittelindustrie wie Gummibärchen. Laut der lindy Regel existieren Dinge die bereits zehn Jahre existiert haben, wahrscheinlich (mindestens) weitere zehn Jahre. Ist etwas hundert Jahre alt, wird es wohl weitere fünfhundert Jahre überleben. Lindy geht auf den Filter Zeit zurück. Lindy wird etwas nur, wenn es sich in der Evolution bewährt hat. Das ist der Grund warum sich religiöse Traditionen lange halten. Sie stellen unergründliche Filter dar, die durch Jahrhunderte und Jahrtausende lange Erfahrungen entstanden. Die Zeit gibt ihnen meistens Recht.

Sind E-Book-Reader eine Konkurrenz für Bücher aus Papier? Weit gefehlt! E-Books besitzen nicht die Haptik und Optik von traditionellen Büchern und können diese nicht darstellen. Bücher haben weitere Verwendungsmöglichkeiten. Ein Buch ist auch ein Einrichtungsgegenstand, den man ins Regal stellt. Man kann sie als Beschwerer benutzen, schnelle Nachschlagehilfe et cetera.

Der eigentliche Konkurrent von e-Book-Readern sind Tablets, da diese nahezu die gleichen Vorteile und Verwendungszwecke vereinen. Sie sind mobil, handlich, können eine große Anzahl an Büchern in elektronischem Format speichern  und sind groß genug um diese angenehm lesen zu können.

Ein anderer Fall ist die Ernährung. Warum sollen wir unsere Ernährung, die seit 10.000 Jahren funktioniert umstellen durch künstliche Lebensmittel, und warum soll das gesund sein?

Absorbierende Barriere

Nassim Taleb erklärt, dass der Lindy-Effekt aufgrund der Distanz zu einer absorbierenden Barriere zu Tage tritt. Ein Beispiel aus der Bücherwelt: Ideen überleben nicht wenn ihr Träger stirbt. In Bücherform können sie weiter existieren. Sie werden aber nur langfristig gelesen, wenn sie kontextunabhängige Relevanz haben. Die absorbierende Barriere für Bücher sind unter anderem der Tod  des Autors oder an das Buch gebundene Ereignisse (eine politische Affäre, ein Präsident) die nach einer gewissen Zeit irrelevant werden. Der Autor muss die Ereignisse in einen Kontext setzen der wirklich zu den Prinzipien des Lebens gehört, sonst wird das Buch zwanzig später in der Versenkung verschwinden.

Eine Anwendung des Lindy-Effekts auf die Auswahl von Büchern finden Sie auf lindybook.com

Literatur

Goldman, Albert (13 June 1964). „Lindy’s Law“. The New Republic. S. 34–35.

Taleb, Nassim Nicholas: Lindy as a Distance from an Absorbing Barrier.

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