Definition und Bewertung des aktuellen Stands der Technik
Der Begriff Künstliche Intelligenz wurde aus dem Englischen Artificial (künstlich, unecht, nachgeahmt) Intelligence (Information, Nachricht, Intelligenz) übernommen.
Nach aktuellem Stand sind Maschinen verglichen mit Menschen nicht „intelligent“. Die herausragenden Fähigkeiten Künstlicher Intelligenz sind sehr spezialisiert und isoliert. Eine Maschine ist nicht für eine Vielzahl an Aufgaben ausgelegt, sondern meist nur für eine festgelegte Problemstellung geeignet. Die aktuell größte Hürde für den Durchbruch von KI, ist die mangelnde Fähigkeit zu unüberwachtem Lernen. Selbstständig Ziele zu definieren und eine Neugier zum Lernen zu entfalten, bleibt dem Menschen vorbehalten. Menschliche Intuition speist sich aus den Informationen und dem Wissen, das Menschen durch ihre Erfahrungen gesammelt haben und das genetisch veranlagt ist. Dieses implizite Wissen ist auf den ersten Blick nicht erkennbar und wird als selbstverständlich angenommen. Doch gerade dieses Allgemeinwissen ist verglichen zu technischem Spezialwissen sehr schwer zu modellieren. Es ist die Grundlage für die herausragenden Fähigkeiten und die Flexibilität des Menschen, das er meist unbewusst mittels Heuristiken einsetzt. Ob und wann KI diesen Level erreichen wird ist momentan noch unklar.
Aktuelle Beschränkungen Künstlicher Intelligenz
- Systeme sind nicht bewährt, im Gegensatz zu durch die Evolution entwickelten biologischen Organismen
- Systeme sind nicht transparent (Black Box)
- Systeme sind nicht anpassungsfähig
- Systeme können keine eigene Neugier entwickeln, um unüberwachtes Lernen zu ermöglichen
Trotzdem wird Künstliche Intelligenz in Zukunft eine wichtige Rolle spielen und die Entwicklung anderer Technologien vorantreiben.
KI Bedeutung für Zukunftstechnologien, Gerd Leonhard via Flickr, CC BY-SA 2.0
Neuronale Netze und Maschinelles Lernen
Neuronale Netze sind ein wichtiger Bestandteil künstlicher Intelligenz. Bei ihnen handelt es sich um Programme, die Datensätze verarbeiten und in ihnen Muster erkennen. Ihre Struktur ist der, biologischer Neuronen nachempfunden.
Mit ihrer Hilfe können Maschinen Aufgaben lösen, für die eine herkömmliche, sequentielle Arbeitsweise von Rechnern nicht geeignet ist. Dabei ergibt sich allerdings ein Problem: Es ist nicht ganz klar wie das jeweilige neuronale Netz funktioniert. Es gibt Antworten auf das „Was“ aber nicht auf das „Wie“ und „Warum“ es zu einem bestimmten Ergebnis kommt. Diese mangelnde Interpretierbarkeit ist gerade in sensiblen Bereichen, wie zum Beispiel in Krankenhäusern problematisch. Die sich ergebende innere Logik ist nicht mit der menschlichen gleichzusetzen. Die Datensätze mit denen neuronale Netze trainiert werden repräsentieren nicht die reale Welt und es kann nicht vermieden werden, dass diese Fehler und Rauschen enthalten. Außerdem werden die Systeme für eine spezielle Umwelt trainiert, können sich jedoch nicht an andere Umwelten anpassen.
Anwendungsfelder von KI
Einige KI-Anwendungen sind bereits lange im Einsatz und jedem bekannt: Empfehlungssysteme von Online-Händlern, Spam Filter, Online-Suchmaschinen oder Routenfinder werden alltäglich eingesetzt. In den letzten Jahren wurden Fortschritte in weiteren Anwendungsbereichen erreicht.
Prozessautomatisierung und -beschleunigung
Mit Hilfe von KI können manuell durchgeführte Prozesse automatisiert und beschleunigt werden. Hierzu gehört maschinelles Übersetzen, Dokumentzusammenfassung, Routenplanung, Informationsgewinnung oder Protein Design.
Automatisierte Inhaltserstellung
Chatbots oder Social Bots werden in sozialen Netzwerken zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung eingesetzt. Politisch oder wirtschaftlich motiviert, erzeugen die Bots automatisch generierte Bewertungen und Kommentare, die der Verbesserung der eigenen Reputation oder der Diffamierung der Konkurrenten dienen. Diese sind in vielen Fällen schwer zu unterscheiden zu Texten, die von realen Menschen verfasst wurden. Die Bots nutzen vorgefertigte (Satz-) Templates in die variable Daten (zum Beispiel Namen oder Datumsangaben) eingefügt werden. Sie machen sich dabei den Umstand zu Nutze, dass Sprache nur eine begrenzte Anzahl an sinnvollen Formulierungen zulässt. Das Programm „Totopoetry“ der ICON Group macht sogar die automatische Erstellung literarischer Texte, wie Gedichte, und Bücher möglich.
Big Data, Überwachung und Prognosen
Big Data wird von Polizei und Justiz in den Bereichen Predictive Policing, Überwachung, und Strafvollzug eingesetzt. Das Programm equivant (früher COMPAS) wird beispielsweise von Gerichten in den USA verwendet, das Risiko einzuschätzen, ob Straftäter wieder rückfällig werden. Es hat in vielen Fällen negative Auswirkungen für die Betroffenen und seine Aussagekraft wurde bereits in wissenschaftlichen Studien angezweifelt.
Weitere Predictive Analytics Programme geben die Wahrscheinlichkeit an, mit der Straftaten in einem Stadtviertel auftreten. Die Polizei reagiert dann mit entsprechend verstärktem Polizeieinsatz an diesem Ort. Des Weiteren werden KI-Systeme als Lügendetektoren für Grenzkontrollen eingesetzt.
Die britische Polizei möchte sogar KI-Systeme entwickeln, die Straftaten vorhersagen bevor sie geschehen. Die zukünftigen „Kriminellen“ sollen dann durch verschiedene Maßnahmen vom Begehen ihrer Tat abgehalten werden.
Auch im Werbebereich kommen entsprechende Algorithmen zum Einsatz. Bei Digital Signage handelt es sich um digitale, oft interaktive Werbeflächen, die an öffentlichen Orten wie Flughägen oder Einkaufspassagen stehen. Sie sammeln Daten mittels Kameras und Sensoren zur Bild- und Gesichtserkennung. Die KI ermittelt mit Hilfe der Daten, Geschlecht, Alter, Gewicht oder Emotionen der Passanten, um passgenaue Werbung schalten zu können.
Ein weiteres Anwendungsfeld liegt in der Medizin. Künstliche Intelligenz kann hier das Risiko von Erkrankungen berechnen. So gibt es bereits Programme die Depressionen anhand von Facebook Posts einer Person vorhersagen können.
Außerdem wird mit KI-Systemen die Kreditfähigkeit von Personen geprüft oder bewertet inwiefern ein Bewerber für eine Stelle geeignet ist.
Alternative zu menschlicher Arbeitskraft
Die Vorteile von KI im Vergleich zu menschlicher Arbeitskraft sind permanente Verfügbarkeit, geringere Kosten und die Unabhängigkeit von Emotionen. In Restaurants werden Roboter in der Küche als Assistenz oder als Bedienung eingesetzt. China testet bereits Künstliche Intelligenz in der Diplomatie. Algorithmen benoten die Aufsätze von Schülern. Virtuelle Nachrichtensprecher sollen reale ersetzen, indem sie Stimme und Mimik einer realen Person nachahmen. Die japanische Regierung fördert den Einsatz von KI auf dem Bau.
Assistenzsysteme
Ein weiteres Anwendungsfeld ist die medizinische Beratung. Der Chatbot Woebot kann Psychotherapie Patienten helfen. Die App zeigt dem Nutzer Videos, Übungen und Anleitungen für eine positivere Selbstwahrnehmung und versorgt ihn mit Informationsgraphiken über seinen tatsächlichen Gemütszustand. Der Roboter Xiaoyi bestand im Jahr 2017 die Zulassungsprüfung für Mediziner in China und soll Ärzte bei der Diagnose und in der Ausbildung unterstützen. Außerdem kann die Technologie auch in der Kundenbetreuung, etwa in Call Centern, oder für Museumsführungen eingesetzt werden. Das Startup Saberr hilft mit seinem Programm Organisationen, Teams anhand von Persönlichkeitsprofilen zusammenzustellen.
Autonome Systeme
Autonome Waffensysteme sind mit Waffen ausgestattete Drohnen, Schiffe oder Roboter. Perdix-Drohnen sind autonome Mini-Drohnen, die Schwarmintelligenz aufweisen und im Jahr 2016 erfolgreich getestet wurden. Bereits flächendeckend im Einsatz sind ferngesteuerte Kampfdrohnen vom Typ Predator, Reaper oder Global Hawk.
Weitere autonome Systeme sind im Bereich Autonomes Fahren und Smart Cities zu finden.
Auswirkungen und Gefahr durch Künstliche Intelligenz
Arbeit und Alltag
In der Arbeitswelt wird die Produktivität deutlich erhöht und schafft Raum für das Entstehen neuer Arbeitsformen, wobei der Großteil konventioneller Arbeitsplätze weiterhin erhalten bleibt. Die Vision menschenleerer Fabriken oder von Menschen als Cyborgs ist mittelfristig unwahrscheinlich. Vielmehr verändern Wearables und das Internet of Things (IoT) das Leben der Menschen in Arbeit und Freizeit, im Sinne von „Augmented Humans“.
Verschärfung von Gegensätzen
Die fortschreitende Technologie kann den Gegensatz zwischen Arm und Reich weiter verschärfen. Technische Geräte als auch benötigte Ressourcen sind knapp. Wohlhabendere Menschen könnten ihre Fähigkeiten erweitern, während Ärmeren diese Technologie verwehrt bleibt. Verstärkte Überlegenheitsgefühle können die Folge sein. Der Einsatz der Technologie zur Unterdrückung und Kontrolle der Bevölkerung wäre eine naheliegende Konsequenz.
Bedrohung für die Menschheit
KI ist für sich genommen nicht gefährlich, da die einzelnen Anwendungen zu spezialisiert sind. Aktuell ist völlig unklar, wie sich Maschinen verselbstständigen und Kontrolle über den Menschen erlangen könnten. Die eigentliche Gefahr geht von Menschen aus, die KI böswillig, fahrlässig oder naiv einsetzen. Entscheidungen zu treffen aufgrund von Big Data Analysen oder komplett autonomen Systemen zu überlassen ist immer mit Vorsicht zu genießen. Künstliche Intelligenz kann nur für einen begrenzten Teil unserer Alltagsprobleme verlässliche Urteile fällen, hauptsächlich innerhalb Technischer Systeme. Angewandt auf sensible Bereiche kann sie erheblichen Schaden anrichten.
Bewertung der Einsatzgebiete von Künstlicher Intelligenz
Literatur:
Bornstein, Aaron M: Is Artificial Intelligence Permanently Inscrutable? Nautilus, issue 40, 2016.
Engemann,Christoph; Sudmann, Andreas: Machine Learning – Medien, Infrastrukturen und Technologien der Künstlichen Intelligenz. transcript, 2018.
Google: Perspectives on Issues in AI Governance. 2019.
Rashid, Tariq: Neuronale Netze selbst programmieren. Ein verständlicher Einstieg mit Python. O’Reilly, 2017.
Weber, Stefan: Roboterjournalismus, Chatbots & Co. Wie Algorithmen Inhalte produzieren und unser Denken beeinflussen. Heise, 2018