Evolutionismus und Evolution

von Ioannis Alexiadis

Der Evolutionismus als Fehlinterpretation der Evolutionstheorie

Was die Evolutionstheorie aussagt

Unsere Gene überleben uns Menschen. Die genetische Information wird an nachfolgende Generationen weitergegeben. Die Gene profitieren von unserem Scheitern und Leid, der sich in einem Versuch- und Irrtumsprozess in unserer Erbinformation niederschlägt. So funktioniert Evolution. Die Gene sind antifragil weil die Lebewesen als Genträger schwach sind. Das Wohlergehen der Organismen ist den Genen egal. Robert Trivers prägte auf Basis dieses Gedankens die Vorstellung vom „egoistischen Gen“. Demnach ist die Natur egoistisch und benötigt einen bedingungslosen Wettbewerb, in dem ihre Lebewesen für das Wohl des übergeordneten genetischen Codes leiden müssen. Ob dies auf soziale Systeme auch zutrifft ist eine gänzlich andere Frage.

Was die Evolutionstheorie nicht (!) aussagt

Eine der Kernaussagen der Darwin’schen Evolutionstheorie, dass im Zeitverlauf die am besten angepassten Arten überleben, kann leicht missverstanden werden. Der Begriff Anpassung impliziert dabei ein aktives Handeln (Framing) der überlebenden Arten, das sich wie im Folgenden erklärt, nicht aus der Evolutionstheorie ableiten lässt.

Die Umweltbedingungen verändern sich ständig. Arten die bestimme Merkmale ausgeprägt haben überleben und andere nicht. Die überlebenden Arten wussten aber nicht inwieweit sich die Umweltbedingungen verändern würden und wie sie sich diesen anpassen könnten. Durch die ständigen Veränderungen sind die, die am besten an ihr Umfeld angepasst sind nicht zu jedem Zeitpunkt die am besten geeignetsten sondern nur im Durchschnitt. D.h. dass die im Durchschnitt am besten angepasste Art aussterben kann, falls es zu extremen Umweltveränderungen kommt. Von einer aktiven Anpassung kann daher nicht die Rede sein. Die überlebenden Arten hatten einfach nur Glück.

Außerdem ist in diesem Zusammenhang der Gedanke vom ewigen Fortschritt, als auch die Bewertung bestimmter Eigenschaften als gut oder schlecht, als problematisch anzusehen.
Die Evolution hat keine zielgerichtete Entwicklungslinie hin zu komplexeren („besseren“) Lebensformen. Als die Evolutionstheorie entdeckt wurde, passte dieses Zufallsprinzip allerdings nicht in die damalige Vorstellungswelt, da der Wunsch vorhanden war die Natur durch berechenbare Regeln und Gesetze kontrollieren zu können.

Dies hatte weitreichende Konsequenzen, da Arten und Rassen nicht mehr als konstante Gebilde wahrgenommen werden konnten, sondern als durch einen gegenseitigen Wettkampf sich verändernde Einheiten, die untereinander verwandt sind und diese Veränderung nicht für jede Art fortschrittlich verläuft, sondern zum Aussterben einer Art oder Rasse führen kann.

Diese Verknüpfung von Fortschritt mit Wettbewerb führte zum Glauben, ein bedingungsloser Wettbewerb sei alternativlos und bot den Nährboden für zahlreiche Ideologien. Denkmodelle vom Rassenkampf bis zum Homo Oeconomicus sind allesamt Produkte dieser falschen Interpretation der Evolutionstheorie.

Literatur:

Geulen, Christian: Geschichte des Rassismus. C.H. Beck, 2007.

Gould, Stephen Jay: The structure of evolutionary theory. Harvard University Press, 2002.

Krauß, Veiko: Gene, Zufall, Selektion: populäre Vorstellungen zur Evolution und der Stand des Wissens. Springer-Verlag, 2014.

Meyer, Axel: Darwins Evolutionstheorie: Fakten und Irrtümer. Evolution: Theorie, Formen und Konsequenzen eines Paradigmas in Natur, Technik und Kultur, 2011.

Trivers, Robert; Burt, Austin: Genes in conflict: the biology of selfish genetic elements. Harvard University Press, 2009.

Wuketits, Franz M: Was Darwin wirklich (nicht) sagte. Darwin und der Darwinismus. Verlag CH Beck, 2005.

Wuketits, Franz M: Eine kurze Kulturgeschichte der Biologie. Mythen, Darwinismus, Gentechnik. Darmstadt: Primus, 1998.

Wuketits, Franz M: Evolution und Fortschritt-Mythen, Illusionen, gefährliche Hoffnungen. Aufklärung und Kritik 2.2, 1995.

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