Der gerechte Krieg

Wie wurden Kriege in der Vergangenheit gerechtfertigt und gibt es dafür objektive Kriterien?

Die Theorie des gerechten Krieges ist sehr alt. Sie stammt vom griechischen Historiker Thukydides aus dem 5. Jahrhundert vor Christus. Sie versucht Kriege moralisch zu rechtfertigen, falls bestimmte Kriterien erfüllt werden.
Thukydides
Thukydides
So wurde in den christlichen Ländern, obwohl die christliche Lehre den Pazifismus predigt, die Loyalität gegenüber den von Gott legitmierten, weltlichen Herrschern eingefordert. Falls Kriege anhand von bestimmten Kriterien als legitim empfunden wurden (auch wenn andere Interessen dahinterstanden) waren die Untertanen verpflichtet ihrem Oberhaupt in den Krieg zu folgen.
Ein jeder Krieg benötigte seit der Antike eine Rechtfertigung, auch Casus Belli genannt. Wurde ein Krieg ohne Casus Belli geführt wurden die Opfer die das Volk im Krieg erbringen musste als ungerechtfertigt empfunden und Unruhen entstanden im eigenen Reich oder der Herrscher geriet im Ausland in Verruf. Um Kriege zu führen die zwar machtpolitischen Interessen des Herrschers dienten, aber nicht die Gerechtigkeitswahrnehmung im Volk ansprachen musste oft ein Casus Belli konstruiert werden. Die Manipulierbarkeit des Homo Reciprocans erlaubte den Herrschern ein künstliches Bedrohungspotential zu erzeugen oder eine Beleidigung des Gegners zu fingieren, um die Zustimmung für einen Krieg zu gewinnen.

Der Krieg gegen den Terror, vor allem der Krieg im Irak, ist ein modernes Beispiel. Geopolitische Interessen um Ressourcen wie Erdöl sind der eigentliche Grund für die militärische Interventionen, wohingegen der Einsatz offiziell mit der Konstruktion einer Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen begründet wird.

Hauptkriterien für einen gerechten Krieg sind:
  • Es dürfen keine Zivilisten getötet werden.
  • Die Kriegsgründe sind für die ethische Beurteilung relevant.
  • Die Verhältnismäßigkeit eines militärischen Gegenschlags muss gewahrt werden.
  • Internationales Recht muss eingehalten werden.

Ob diese Kriterien beim aktuellen Drohnenkrieg der USA zutreffen ist hoch umstritten. Trotz der angepriesenen Zielgenauigkeit von Kampfdrohnen sind nachweislich zivile Opfer zu beklagen. Es ist auch mehr als fraglich inwieweit diese Angriffe verhältnismäßig und rechtmäßig sind, da sie den Charakter von Präventivschlägen besitzen und nicht den von Verteidigungskriegen.

Völkerrecht

Das Völkerrecht untersagt Angriffskriege und militärische Präventivschläge. Selbst bei einem Völkermord ist es unter Völkerrechtlern umstritten ob ein Interventionsrecht (ohne UNO-Mandat) besteht. Eine Interventionspflicht kann selbst bei einem so grausamen Ereignis wie einem Völkermord, nicht aus dem Völkerrecht abgeleitet werden. Nur im Falle eines Angriffs ist ein Krieg zur Verteidigung gerechtfertigt. Ein (meist subjektives) Bedrohungspotential, oder ein Angriff durch nicht-staatliche Organisationen reicht aus Sicht des Völkerrechts nicht aus um einen Krieg zu legitimieren. Daher ist der Krieg gegen den Terror aus dieser Perspektive problematisch und selbst der Krieg in Afghanistan gilt als völkerrechtswidrig. Es existiert aber momentan keine weltweit anerkannte Institution, die für die Einhaltung des Völkerrechts zuständig ist.

Verantwortlich: Ioannis Alexiadis


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Literatur:

Calabrese, Andrew: Casus Belli US Media and the Justification of the Iraq War. Television & New Media 6.2, S. 153-175, 2005.

O'Driscoll, Cian: Rewriting the Just War Tradition: Just War in Classical Greek Political Thought and Practice. International Studies Quarterly 59.1, 2015, 1-10.

Heintze, Hans-Joachim: Interventionsverbot, Interventionsrecht und Interventionspflicht im Völkerrecht. Institut für Friedenssicherungsrecht und humanitäres Völkerrecht, Ruhr-Universität, Bochum, 1998.

Kreis, Georg: Der gerechte Krieg - Zur Geschichte einer aktuellen Denkfigur. Schwabe Verlag Basel, 2006.

Meister, Klaus: Thukydides als Vorbild der Historiker. Von der Antike bis zur Gegenwart. Ferdinand Schöningh, Paderborn, 2013.

Meßelken, Daniel: Kann es heute noch "gerechte Kriege" geben? Wallstein Verlag, 2008.

Steinweg, Reiner: Der gerechte Krieg: Christentum, Islam, Marxismus. Suhrkamp, 1980.

Wright, Ethan A.: Of Drones and Justice: A Just War Theory Analysis of the United States' Drone Campaigns. 2015.